Für den Schnecken-Hof und dessen Geschichte sprechen die Kirchenbücher. Beim Durchstöbern der letzten Hinterlassenschaften der Vorbesitzer stießen wir überraschend auf die Aufzeichnungen des ehemaligen Dietfurter Pfarrers Setsmann, der über das Anwesen ausführlich in den Kirchenbüchern Dietfurts recherchiert hatte. Neben Kopien der Originaleinträge waren teilweise auch Übersetzungen lateinischer Einträge zu finden. Die Geschichte des Schnecken-Hofs lässt sich nunmehr fast lückenlos belegen.
Nachdem die dendrochronologische Untersuchung als Baujahr des Hauses das Jahr 1709 nahelegte, kann der Baubeginn jetzt auf das Jahr 1708 datiert werden. Am 3.7.1708 ist die Heirat eines Michael Heinrichmeier für das Anwesen in den Kirchenbüchern belegt. Dieser war Webergeselle und von Pappenheim nach Dietfurt übergesiedelt, um hier eine Existenz und Familie zu gründen. Vermutlich war er allerdings nicht Eigentümer des Anwesens.
Aus der Geschichte heraus passt das in die Zeit des Wiederaufbaus nach einer Zerstörung des Dorfes im spanischen Erbfolgekrieg im Jahr 1704. Da die Bäume des Fachwerks und des Dachstuhls zwischen 1707 und dem Winter 1708/09 gefällt wurden, passt alles zusammen.
Nach der Erstnennung in den Traumatrikeln gibt es eine kleine Lücke in der Dokumentation. Entweder wurden die Kirchenbücher nicht sauber geführt oder waren verschollen. Am 12. Januar 1762 folgt der nächste Eintrag für das Anwesen, als Johann Georg Heinrichmeyer, belegt als Schuhmachermeister, Walburga Storchmeyer heiratete. Damit ist der Hof nun als Handwerkeranwesen bestätigt – was angesichts der Fenstereinteilung im Erdgeschoss bereits bei der Sanierung vermutet worden war. Auch die im Haus gefundenen alten Schuhleisten, der Dreifuß, Schusterzangen und die riesige Schere passen nun ins Bild.
Es war eine Dynastie von Schuhmachern, die auf dem Hof arbeitete. Es folgte Heinrichmeyers Sohn Johann Georg, ebenfalls Schuhmachermeister, der 1794 Anna Maria Meyer ehelichte. Ihm folgte Georg Thomas Heinrichmeier, der am 28.3.1830 Anna Dorothea Zollnhofer heiratete. Vermutlich von ihm stammt auch der Hausname "Schusters Gegg". Mit seinem Tod 1868 endete die Tradition der Schuhmacher. Das geht einher mit der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung. Ab 1850 verschwand das Schuhmacher-Handwerk in vielen Orten, da ab dieser Zeit Schuhe mittels Nähmaschine bereits als Massenprodukt hergestellt wurden. Vielen Schuhmachern wurde damit die Geschäftsgrundlage entzogen, da die industrielle Produktion von Konfektionsschuhen ihn als Produzenten von neuen Schuhen überflüssig machte. Immer mehr Leute versorgten sich in Schuhgeschäften.
Der Sohn von Georg Thomas Heinrichmeier, Johann Georg, wird in den Büchern nur als Söldner geführt. Ob und welches Handwerk er ausübte, ist unklar. Damit ist allerdings nun auch die Hofgröße als Sölde (auch Köblergut genannt) belegt. Die Flächen des Hofes reichten kaum, um davon allein leben zu können. Die Besitzer mussten sich ihr Auskommen durch ein zusätzliches Handwerk oder andere Arbeiten sichern.
Johann Georg Christoph Heinrichmeier, der am 9.11.1902 Eva Maria Brosel heiratete, wird in den Büchern als Ökonom (Landwirt) geführt. Im Dorf weiß man aber, dass er auch als Schreiner tätig war. Sein Sohn Karl Ludwig, gelernter Steinmetz und Schreinermeister, heiratete nach dem frühen Tod seiner ersten Gattin Renate Maria 1948 ein zweites Mal, nämlich Maria Müller. Sie lebte als letzte der fast 300-jährigen Landwirts-Dynastie Heinrichmeyer bis 2004 auf dem Hof.
Die Schreibweise des Namens Heinrichmeier änderte sich im Lauf der Jahre vom mittelneuhochdeutschen Heinrichmeӱer über Heinrichmeier bis Heinrichmeyer.
Zuletzt hatte der Hof rund zwei Tagwerk Ackerland direkt am Hof, vier Tagwerk in den Riedwiesen und rund zwei Tagwerk Wald. Neben dem Wohnhaus hatte der letzte Bauer und Handwerker Karl Heinrichmeyer nach dem Zweiten Weltkrieg ein Schreinereigebäude auf dem Hof errichtet. In der Stall-Scheune fand sich Platz für bis zu zehn Kühe.